Kleine Zeitung, 14. April 2002



Barbies Outing von Bernd Czechner

Das Kabinett der Klagenfurter Galerie 3 als Dunkelkammer: Theres Cassini entwickelte ein Puppenmonster zum kompletten Weib.

Abgehängt mit schwarzen Tüchern, eröffnet sich nach Eintritt in den annähernd quadratischen Raum ein konzentrierter Blick auf das Wesentliche. Von ebenfalls schwarzen Tüchern absorbiert, beleuchten die reduzierten Lichtquellen zwei Vitrinen -Barbie als Frida Kahlo auf einer Bowlingkugel balancierend, und andererseits als primär bemerkmaltes Weib überarbeitet, in Tanzpose dargestellt. Dieses verlogen-keusche Idealmädchen outet sich als geschlechtliches Wesen. Theres Cassini hat dieser "industriellen erotischen Idealfigur" ihre Würde gegeben. Hat sie be- und überarbeitet, sie zunehmen lassen und auf magersüchtig abgeschliffen oder, als Hommage an Kahlo, mit Korsett versehen.
Es ist ein äquilibristisch-kunstvoller Akt von Wirklichkeit, in die Cassini diese falsche Ikone befreit. Fotos und fotografische Ausschnitte der neuskulptierten und also exkulpierten Heuchelei evozieren so etwas wie Lebendigkeit im Augenblick, geben dem Unschuldsklischee ihre Würde als Frauenbild. Zeigen es versehrt, lädiert, in "normale" Proportionen überformt auf dem Boden der Realität. "Sie überwinden tanzend ihre Defizienz vor dem Ideal - was schon eine viel bessere Möglichkeitsform des Menschlichen ist: "Ohne Tribut an das Leben gibt es kein Leben, keine Lebensfreude. Und - mit einem der wichtigsten Worte aus der Menschenrechtsdeklaration - keine Würde" (Zitat Martin Adel)


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