KÄRNTNER TAGESZEITUNG 31. Oktober 2004

Des Katers Jenseitsfahrt von Karl Bertram Steiner

Die aus Kärnten gebürtige Künstlerin Theres Cassini legt mit dem mystischen Bilderbuch "Kepwie & Johnny in Venedig" einen berührenden Reiseführer für Katzen ins Land hinterm Tod vor.

Klagenfurt, Wien
Wer je dem Ableben seiner Katz´bewusst beigewohnt hat, dem ist eine echte Grenzerfahrung zuteil geworden: Die Frage, warum die alten Ägypter der Katze in ihrer dreifachen Erscheinungsform, Isis als allgütige Mutter, Sechmet als Rächerin allen Frevels und Bastet als verspielter Katzenteenager, göttliche Ehren erwiesen, stellt sich ihm nicht mehr, es liegt auf der Hand...
So ist auch Theres Cassinis soeben erschienener Bildband "Kewpie & Johnny" (Text von Franz Schaudy) ein mystischer Reiseführer in realexistierende Parallelwelten, zustande gekommen in der Beobachtung der Todeskrankheit ihres Katers Johnny; seinem Andenken ist das Werk gewidmet. Johnny, der instinktiv spürt, dass es mit ihm ein Ende hat, will nur eines noch: Seine Geburtsstadt Venedig wiedersehen. Seine Geliebte Kewpie setzt sich mit diversen übergeordneten Instanzen (Tauben, Schnecken etc.) in Verbindung, miaut beschwörende Mantras, um diese letzte gemeinsame Reise in ein jenseitiges, paralleles Venedig zu ermöglichen.

Für Katzenadoranten
Natürlich muss der Betrachter und Leser selbst ein bekennender Katzenadorant sein und die Stadt Venedig bis zum Unsinn lieben (und kennen!), um die verschlüsselten Botschaften dieses "Bilderbuchs" zu knacken. Präzise Tieraufnahmen verschmelzen mit verfremdeten venezianischen Architekturen zu prunkvollen, zwischen Majestät und gekonnt und bewusst eingesetzten "Kitschelementen" oszillierenden Visionen. Und da in der Mystik keine Schlamperei gestattet ist, kommt jedem Detail eine tiefenpsychologische Bedeutung zu: Die "Schneckenstiege" im Bovolo wird zu dem aus (menschlichen) Nach-Tod-Erfahrungen bekannten "Tunnel", die Tauben von San Marco erweisen sich als wegbegleitende Seelenvögel, die Gondel mutiert zur Barke der Isis. Und doch, man kann das Buch jedem Kind in die Hand geben...


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