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Krone 7. Juni 2020
Klagenfurt: T. Cassini bespielt das Schaukraftwerk Forstsee
Seismografen des Unsichtbaren
Im Museum Moderner Kunst Kärnten hat sie dem Betrachter "Lichtspeisen" gereicht und in der Galerie3 "Verbotene Früchte der hängenden Gärten" gepflückt. Nur zwei Beispiele für die grandiose Formensprache von Theres Cassini, die sich nun im Kelag-Schaukraftwerk Forstsee zum "Urkörper-Schwarm" verdichtet.
22 Objekte: Auf ausrangierten Radfelgen zu Kugelformen aufgebläht und mit Stoff überzogen, schweben sie im Raum. Sind es Viren, Zellen oder Bakterien? Die Frage ist obsolet, denn die luftigen Inhaltsträger der gebürtigen, in Wien lebenden Kärntnerin, lassen zwar viele Sichtweisen zu, führen aber unmissverständlich auf die Ebene des Organisch- Mikroskopischen, wo "Urkörper" im Verborgenen schwärmen und ihre Wirkmacht entfalten.
Und wie beispielsweise bei Cassinis seriellen Betrachtungen von Moosen, die sie in fotografischer Makrooptik mit Opulenz und Ästhetik beatmet, in Schaukästen erleuchtet oder in Stapelungen zur Skulptur schichtet, verschwimmen auch im neuen Umgebungskontext der glatten, harten Industriearchitektur die Grenzen von Wissenschaft und Kunst, Realität und Fantasie.
Aller Erdenschwere enthoben und von traumschwerer Poesie beseelt, sind die Kugelobjekte der renommierten Künstlerin, die wie Seismografen des Unsichtbaren auf jeden Luftzug reagieren. Und doch haftet diesem weichen, felligen Urkörper-Schwarm auch etwas eindringlich Bedrohliches an, das an des Menschen Vergänglichkeit gemahnt - wohl nicht nur, aber gerade in Zeiten wie diesen.
Zu sehen (täglich von 10 bis 18 Uhr) im Kelag-Schaukraftwerk Forstsee
(in Saag am Wörthersee). Und traditionell in Kooperation mit der Galerie3.
Irina Lino

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