ESELSOHR Jänner 2003
Fachzeitschrift für Kinder- und Jugendliteratur

Mit oder ohne Flügel von Angela Schubert

In Kewpie & Johnny verwickeln ein Psychologe und eine Designerin ihre Katzen in Elfenscherze. Der erste Eindruck: etwas kitschig die kleinen Kinder mit Schmetterlingsflügeln zwischen Efeu und Kürbis, das Ganze fotografiert, als Coverillustration in ein Oval gebettet. "Eichel, Primel, Lauch - geschwinde! Löwenmaul und Ackerwinde, Sonnenblume, Mohn und Klee, Efeu, Rubrum - in die Näh! Steinbrech, Röschen - her zu mir, Puck, der Elf, er kündet hier: Niemand kann mehr Johnny helfen, er wird einer von uns Elfen" Ein Drama für Katze Kewpie, die mit allen Sinnen den Verlust ihres Liebsten erahnt, hört, riecht, erleidet. Dieses Märchen alltäglicher kleiner und großer Aufgaben lässt Psychologe Schaudy Kewpie selbst erzählen, so reich an Emotionen, Sinnbildern und nachfühlbarer Realität, dass es Gänsehaut macht. Als Illustrationstechnik selten, inszeniert Theres Cassini mittels Fotomontage einen Tagtraum, in dem Motive aus Kunst und Fotografie verschmelzen: aufwändig kostümierte Kinder wie bei Anne Geddes, imposante Tiere ähnlich "Alice im Wunderland", symbolhafte Arrangements renaissancetypischer Historienbilder, flämische Wolkenhimmel, fulminant barocke und der Realität entrückte surrealistische Räume zusammenaddiert in schöpferischer Bildbearbeitung, wie sie selten gelingt. Die respektlosen Elfen auf dem Kaffeetisch, die Magie von Spiegelungen und Unschärfen erproben als Projektionsflächen Alltagstragödien und ihre Lösungen im geschützten Raum der Märchenwelt. Kewpies Verzweiflung ist erst lähmend, dann produktiv. Das Mehr an Freiheit beim Lösen von Konflikten, vieldeutig und Kraft fordernd wie das Elfenorakel für Kater Johnnys Rettung, enthalten wir uns meist selbst vor. Unsere Wirklichkeit ist wie Cassinis Montagen eine Welt aus Fragmenten. "Übervoll von all meiner Zuneigung und Liebe" siegt am Ende nicht nur Kewpie, sondern das ganze Buch.


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